Pzwei. Blog.

Ein paar gol­dene E‑Mail-Regeln

Oder: Was wir von den Indianern, Römern, Thomas Mann und Kant diesbezüglich lernen können

Menschenskind! Was waren wir aufgeregt, als 1998 in der Romantikkomödie „e@mail für dich“ die Nachrichten zwischen Meg Ryan und Tom Hanks hin und her gingen. Heute trauen wir uns kaum, einen Tag nicht in die Mailbox zu schauen. In Deutschland wurde am 3. August 1984 die erste E-Mail empfangen, seither ist alles anders. Die elektronische Post ist nun mal nicht mehr wegzudenken aus unserer aller Leben. Allerdings haben wir auch die liebe Not damit.

Ein bisschen humorvolle Selbstkritik in diesen kalten und trüben Tagen schadet nicht und was eignet sich besser als ein paar goldene Regeln des Büchleins „Über den Umgang mit E-Mails. Die Scholz & Friends E-Mail-Etikette“* zum Besten zu geben.

1. Nicht gesendete E-Mails sind die besten

Fakt ist: Immanuel Kant schrieb keine E-Mails. Er schrieb Briefe, wenn er etwas zu sagen hatte. Fragen wir uns also, bevor wir schreiben: Wird diese E-Mail die Welt verändern oder den Empfänger bereichern? Wenn die Antwort „Nein“ lautet, wissen wir, was nicht zu tun ist.

2. Kümmern wir uns um die Betreffzeile

Doch, die ist gefragter denn je. Thomas Mann brauchte für das Entscheiden seiner Buchtitel manchmal länger als ein Jahr. Schlechter Titel, schlechtes Buch. Berücksichtigen wir das in der Betreffzeile und übrigens: Aw: Aw: „Hallöchen“ hätte Thomas Mann nie durchgehen lassen.

3. Wer etwas Wichtiges zu sagen hat, tue es persönlich

Casanova hatte viele Talente. Sein größtes war die Kunst der Verführung. Die funktioniert nun mal nur von Angesicht zu Angesicht. Also, mehr Casanova sein! In direktem Kontakt kann der Charme Wunder wirken. Casanova hat das früh erkannt und sein Erfolg gibt ihm noch heute Recht.

4. Klarheit verhindert Gegenfragen und Tote

Das beste Beispiel sind tatsächlich die Römer. Im römischen Imperium schickte man Nachrichten via Bote. Auf die Frage „Wünschen Sie Krieg?“ brauchte es von Befehlshabern klare Antworten. Sonst galt nicht nur Tod dem Boten, sondern die Legionen wurden losgeschickt. Wenn wir klar formulieren, erhalten wir klare Antworten und unsere E-Mail ereilt nicht das elektronische Ende.

5. Sorgfältig schreiben, Fehler vermeiden

Cyrano de Bergerac – er darf uns Vorbild sein. Wir müssen keine langen und edlen E-Mails schreiben, aber sorgfältig sollen sie sein. Die Mühe, die sich der Absender macht, ist ein Zeichen von Respekt für den Empfänger: eine schöne Anrede, keine mühsamen Abkürzungen, keine Rechtschreibfehler und ein schöner Abschiedsgruß, angemessen und nicht flapsig. „FYI“ hätte Cyrano nicht verwendet, niemals!

6. E-Mail aus – Produktivität garantiert

Unser Gehirn braucht nicht nur 30 Sekunden für das Lesen, ganze 15 Minuten ist es in Summe mit der Verarbeitung beschäftigt. Der „E-Mail-Narkose-Hammer“ muss auch mal sein. Nur dann können wir wirklich produktiv sein.

7. Reden, Face to Face

Karl Lagerfeld schreibt keine E-Mails, er faxt handschriftlich, heißt es. Er spricht lieber, am liebsten über Mode. So transportiert er seine Persönlichkeit gleich mit. Sprechen wir wieder mehr miteinander, anstatt Worte durch den Äther zu jagen.

8. Massen-E-Mails, eine Erfindung der Indianer

E-Mails für alle, kennen wir zur Genüge. Keiner mag sie. Vielleicht rührt das daher, dass wir nicht mehr unterscheiden, was wirklich wichtig ist. Die Rauchzeichen der Indianer waren eindeutig die Vorläufer der Massen-E-Mail. Damit hielten sie sich über weite Strecken auf dem Laufenden: „Achtung, Bisons!“ Das war wichtig für alle. Wir dürfen uns also überlegen, was wirklich allen mitgeteilt werden muss oder ob nur wenige Leute wissen müssen, dass „Kleine Schwester“ beim Friseur war.

9. E-Mails beantworten, das darf mal dauern

Müssen wir wirklich alles sofort beantworten? Früher dauerte es doch auch, bis so ein Brief ankam. Wenn es wirklich dringend ist: Anrufen, geht ganz schnell!

Die Regel 10 im Büchlein besagt, dass wir uns an Regel 1 bis 9 halten sollen, dann wird alles wieder gut. Wir reden mehr miteinander, Missverständnisse kommen vielleicht gar nicht erst auf, wir lernen uns besser kennen und niemand kann den Mehrwert einer realen Unterhaltung wirklich leugnen, oder?

 

*Über den Umgang mit E-Mails. Die Scholz & Friends E-Mail-Etikette. Ein Büchlein gegen die Verblödung der Menschheit durch E-Mails. Verlag Hermann Schmidt, Mainz, 2009.

Wer hat's erfunden? Die Indianer!