Klimaschutz-Organisationen: Stadttunnel Feldkirch auf „sinnvollen Kern“ reduzieren
Einsparung von mehr als 200 Millionen Euro möglich – Klimaschutz-Maßnahmen forcieren
Bregenz, 27. November 2020 – Neben der Diskussion um die S18 ist der Stadttunnel Feldkirch in den Hintergrund gerückt, dessen Bau unmittelbar bevorsteht. Nun appellieren sieben Vorarlberger Klimaschutz-Organisationen an die Landesregierung, die Pläne zu überdenken. Angesichts der hohen Kosten durch die Coronakrise sei das Projekt „in vielfacher Hinsicht unverhältnismäßig“. Mehr als 200 Millionen Euro ließen sich einsparen, indem das Projekt auf seinen „sinnvollen Kern reduziert wird“. „Statt Milliarden in S18 und Stadttunnel zu investieren, müssen die Projekte redimensioniert und Maßnahmen zum Klimaschutz vorangetrieben werden“, fordert KlimaVOR!-Obmann Christof Drexel.
Der Verein KlimaVOR!, Fridays for Future, Parents for Future, Extinction Rebellion, consolnow, die Radlobby und das Klimabündnis Vorarlberg: Diese insgesamt sieben Vorarlberger Klimaschutz-Organisationen haben sich für einen gemeinsamen Appell an die Landesregierung zusammengeschlossen. Das Ziel: Investitionen in den Straßenverkehr in Milliarden-Höhe zu stoppen und in klimafreundliche Mobilität zu lenken.
Während der Zeitpunkt für die Umsetzung der S18 in weiter Ferne liegt, steht der Bau des Stadttunnels Feldkirch unmittelbar bevor. Die Klimaschutz-Organisationen fordern, die derzeitigen Pläne massiv zu reduzieren. „Angesichts der Corona-Krise ist die hohe Belastung des Landesbudgets durch das Projekt dringend zu hinterfragen!“, betont KlimaVOR!-Obmann Christof Drexel als Sprecher des Bündnisses. „Unbestritten – die Feldkircher Innenstadt hat eine Verkehrsentlastung verdient. Das aktuelle Projekt einer vierarmigen Tunnelspinne ist aber in vielfacher Hinsicht unverhältnismäßig.“
Auch Fridays for Future und Parents for Future lehnen das Projekt ab: „Der weitere Bau von Straßen und die Investition riesiger Summen in fossile Großprojekte lassen sich nicht mit dem Ziel von Klimagerechtigkeit vereinbaren“, betont Johannes Hartmann von Fridays for Future. „Wir appellieren an die Landesregierung, mit den Expertinnen und Experten in offene Gespräche zu treten, um die für Vorarlberg bestmögliche Lösung zu finden, die das Ziel der Klimaneutralität im Auge behält.“
200 Millionen Einsparung möglich
In der KlimaVOR!-Expertengruppe Mobilität haben Fachleute das Projekt detailliert geprüft. Das Ergebnis: Ein Tunnel zwischen dem Portal in der Felsenau und dem Altstadtportal auf Höhe der Duxgasse sowie eine Umgestaltung von Hirschgraben und Schlossgraben zu Begegnungszonen brächten eine ähnlich hohe Verkehrsentlastung zu einem Bruchteil der Kosten. Diese Verbindung könnte zudem weitgehend vom Bund finanziert werden und würde keine Verschuldung des Landes erforderlich machen.
Einsparen ließen sich nach Ansicht der KlimaVOR!-Experten sowohl der Tostner Ast als auch der Tisner Ast mit Kosten von insgesamt rund 200 Millionen Euro. „Mit dem Tostner Ast wird um rund 100 Millionen Euro eine unterirdische Betriebszufahrt gebaut, die praktisch nur eine einzelne Spedition anbindet“, kritisiert Franz Schwerzler von der KlimaVOR!-Expertengruppe Mobilität. Er hat zudem schon vor Jahren aufgezeigt, dass der Tunnel nach den Modellrechnungen des Landes sogar zusätzlichen Verkehr in das Zentrum von Tosters zieht.
Auch den Tisner Ast halten die Klimaschützer für „unverhältnismäßig teuer, denn die Verkehrsbelastung ist in Tisis geringer als zum Beispiel in Ortsdurchfahrten wie Lauterach, Hard, Götzis, Lustenau, Dornbirn, Bregenz oder Rankweil“. Eine Verkehrsentlastung dieser Gemeinden müsste also höhere Priorität haben und zuerst finanziert werden.
Schwerverkehrslösung im mittleren Rheintal
Zur weiteren Entlastung von Feldkirch und speziell von Tisis schlägt die Expertengruppe auch eine Schwerverkehrslösung im Mittleren Rheintal vor: eine Verbindung der österreichischen und der Schweizer Autobahn auf Höhe Altach/Hohenems mit Routenbindung für den Schwerverkehr. „Das würde nicht nur eine Entlastung von Feldkirch, sondern auch eine schnell realisierbare Entlastung von Lustenau ermöglichen und auch das lokale Lkw-Problem in Altach lösen.“
Die regelmäßig wiederholte Behauptung, eine Verbindung der Autobahnen im mittleren Rheintal sei längst geprüft worden, entspricht übrigens nicht den Tatsachen, betont die Expertengruppe: „Die Wirkung eines leistungsfähigen Übergangs im mittleren Rheintal in Verbindung mit reduzierten Projekten in Feldkirch und in Höchst/St. Margrethen ist nie geprüft worden. Weder im Planungsverfahren „Mobil im Rheintal“ noch in Zusammenhang mit den Feldkircher Tunnelprojekten und auch nicht im Planungsprozess zur Umfahrung Diepoldsau.
Rückfragehinweis für die Redaktionen:
KlimaVOR!, Christof Drexel, Telefon 0043/664/2678488, Mail c.drexel@klimavor.at
Pzwei. Pressearbeit, Wolfgang Pendl, Telefon 0043/699/10016399, Mail wolfgang.pendl@pzwei.at