Vorarlberger Photovoltaikbranche wehrt sich gegen unfairen Wettbewerb durch illwerke vkw
Schwere Vorwürfe gegen landeseigenes Unternehmen – Beschwerde an Bundeswettbewerbsbehörde
Dornbirn, 14. Juli 2021 — 18 Unternehmen der Vorarlberger Photovoltaikbranche fordern in einem Offenen Brief den Rückzug der landeseigenen illwerke-vkw-Gruppe aus dem Photovoltaikmarkt. Es gebe klare Indizien für einen Missbrauch der Marktmacht des Stromnetz-Monopolisten. Beispielsweise würden Kunden aktiv abgeworben, nachdem ein privater Anbieter eine Anschlussanfrage übermittelt hat. Die Photovoltaikanbieter prüfen nun eine Beschwerde bei der Bundeswettbewerbsbehörde und wollen sich mit einem Verband zur Wehr setzen. Gleichzeitig bieten sie dem Land eine „partnerschaftliche Zusammenarbeit“ an, um die Ziele der Energieautonomie zu erreichen.
Die geplante Beteiligung der illwerke-vkw-Gruppe am Photovoltaikgeschäft des Satteinser Unternehmens Doma Solartechnik schlägt hohe Wellen. „In einem fairen Wettbewerb ist uns jeder Mitbewerber willkommen. Gegen die unfairen und nach unserer Einschätzung rechtlich fragwürdigen Methoden der illwerke-vkw-Gruppe wehren wir uns entschieden“, heißt es in einem Offenen Brief von 18 Vorarlberger Unternehmen aus der Photovoltaikbranche an die Landesregierung.
Die 18 Unterzeichner des Briefs repräsentieren nach eigener Einschätzung mehr als zwei Drittel des Marktvolumens der Vorarlberger Photovoltaikbranche. Sie erheben schwere Vorwürfe gegen den Mitbewerber illwerke vkw: „Eine Fülle von Indizien bringen uns zur Überzeugung, dass die gesetzliche vorgeschriebene Trennung von Energieversorgung und Netz bewusst missachtet wurde und wird.“
Netzanschluss beim Mitbewerber
Die Anbieter müssen vor dem Bau einer Photovoltaikanlage eine Anschlussanfrage an eine Tochterfirma der illwerke-vkw-Gruppe stellen. „In einer Reihe von Fällen sind unsere Kunden kurz nach dieser Anschlussanfrage von Mitarbeitern der illwerke-vkw-Gruppe kontaktiert worden“, schildert einer der Initiatoren des Offenen Briefs, Andreas Müller von Hansesun Austria. „Ein‑, zwei- oder dreimal kann das Zufall sein. Wenn das immer wieder vorkommt, ist es ein Indiz, dass die Daten widerrechtlich intern weitergegeben werden.“
Müller schildert einen Fall, in dem die vkw selbst eine Photovoltaikanlage angeboten haben. Nachdem sich der Kunde für den privaten Mitbewerber entschied, sei plötzlich kein Netzanschluss mehr möglich gewesen. In einem Fall boten illwerke vkw einen neuen Wechselrichter schon an, bevor er zugelassen war. Dem vom Mitbewerber installierten Wechselrichter wurde die Zulassung gestrichen. Die Großanlage eines Industriebetriebs kann deswegen seit Wochen nicht ans Netz. Pikant: Die Zulassung liegt ebenfalls in den Händen der illwerke-vkw-Gruppe.
Marktmacht und politischer Einfluss
Müller liegen auch Aussagen von Kunden vor, dass günstigere Tarife oder technische Infrastruktur in Aussicht gestellt wurden, wenn sie ihre Photovoltaikanlage bei der illwerke-vkw-Gruppe ordern. „Auch da missbraucht der Netz-Monopolist seine marktbeherrschende Stellung“, kritisiert der Sprecher der Initiative.
Ohnehin gebe es durch die Marktmacht und die Nähe von illwerke vkw zum Land keine Möglichkeit auf einen fairen Wettbewerb: „Niemand will es sich mit den vkw verscherzen, niemand will es sich mit dem Land verscherzen – besonders, wenn man den Netzbetreiber in anderen Projekten wieder als Partner braucht“, ist Müller überzeugt. Auch von weiteren, dem Land nahestehenden Einrichtungen wie der Dornbirner Messe oder dem Energieinstitut werden die vkw seiner Ansicht nach bevorzugt.
Land stellt sich gegen die Branche
Auch wirtschaftspolitisch halten die 18 Unterzeichner des Briefs den Einstieg bei Doma Solartechnik für einen großen Fehler. Mehrheitseigentümer des geplanten Joint Venture ist die Firma Schweizer, einer der wichtigsten Anbieter von Montagesystemen bei PV-Anlagen. In Vorarlberg stellt die Aerocompact GmbH mit 100 Mitarbeitern genau solche Montagesysteme her.
„Die illwerke-vkw-Gruppe geht gerade eine Partnerschaft mit unserem wichtigsten Mitbewerber ein. Sie bereitet mit diesem Schritt den Boden für unseren Konkurrenten aus der Schweiz“, ärgert sich Mathias Muther, Geschäftsführer von Aerocompact und ebenfalls Initiator des Offenen Briefs. „Sowohl bei den Montagesystemen als auch bei den Photovoltaikanlagen stellt sich das Land als Eigentümer gegen die privaten Anbieter. Für uns ist damit eine rote Linie überschritten.“ Er kenne die Schwierigkeiten der Branche mit den vkw seit Jahren.
Kooperation mit privaten Anbietern
Weshalb man nicht die Zusammenarbeit mit der Branche gesucht habe, fragt sich Muther. „Traut das Land Vorarlberg der Branche den Ausbau der Photovoltaik nicht zu? Die Branche leistet Hervorragendes, um die Ziele der Energieautonomie zu erfüllen.“
Einzig limitierender Faktor beim Bau von Photovoltaikanlagen sind nach Überzeugung des Aerocompact-Geschäftsführers die Fachkräfte: „Es gibt aber keine einzige Fachkraft zusätzlich, wenn sich das Land Vorarlberg an der Doma Solartechnik beteiligt. Es wird keine einzige Photovoltaikanlage zusätzlich montiert, wenn man keine zusätzlichen Fachkräfte gewinnt. Hier müsste sich das Land engagieren.“
Rückzug der vkw aus dem Photovoltaikgeschäft
Für die 18 Unterzeichner des Offenen Briefs gibt es nur eine Schlussfolgerung: „Die illwerke-vkw-Gruppe muss sich aus dem Photovoltaikmarkt zurückziehen.“ Der Netzbetreiber solle „für alles bis zum Zähler“ Verantwortung übernehmen, für die gesamten elektrischen Anlagen im Netz des Hauseigentümers sind dann Elektroinstallateure und Photovoltaikunternehmen verantwortlich.
Beim Ausbau des Stromnetzes gibt es nach Ansicht der Branche Nachholbedarf: „Die illwerke-vkw-Gruppe muss ihre Kernaufgabe wahrnehmen und das Netz für die steigenden Anforderungen von Photovoltaik und E‑Mobilität aufrüsten. Immer öfter werden Engpässe im Netz zum Hindernis beim Ausbau der Photovoltaik“, schildert der Sprecher der Gruppe, Andreas Müller. Auch den Rückzug aus dem Energieinstitut fordert der Offene Brief.
Konfrontation oder Kooperation
Die Branche habe nach jahrelangen Diskussionen mit den vkw genug, betont Müller: „Wir werden keine Ruhe geben, bis unsere Forderungen umgesetzt sind.“ Deshalb prüft die Gruppe auch rechtliche Möglichkeiten, um den Einstieg der illwerke vkw bei Doma Solartechnik zu verhindern, unter anderem eine Beschwerde bei der Bundeswettbewerbsbehörde. Zudem werde man künftig jeden Fall eines Missbrauchs der Marktstellung dokumentieren und bei Bedarf rechtliche Schritte einleiten.
Die Gruppe von Unternehmen aus der Photovoltaikbranche hofft allerdings auf ein Einsehen des Landes als Eigentümer. Müller: „Wir bringen gerne die Expertise von 18 Unternehmen ein, wie wir die Energiewende schaffen, wie wir in Vorarlberg möglichst rasch die Klimaneutralität erreichen. Dazu brauchen wir aber faire Rahmenbedingungen. Dazu brauchen wir fairen Wettbewerb. Der ist derzeit nicht gegeben.“
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