Wie Vorarlbergs Parteien zum Klimawandel stehen und was sie vorhaben
Klimakampagne Vorarlberg erhob vor der Landtagswahl die Standpunkte
Bregenz, 1. Oktober 2024 – Vorarlbergs Parteien nehmen vor der Landtagswahl am 13. Oktober Stellung zum Klima. Die große Überraschung: Alle erkennen den menschengemachten Klimawandel an und unterstützen die Pariser Klimaziele. Mit Ausnahme der FPÖ wollen alle Parteien schneller und effizienter in den Klimaschutz investieren und in den kommenden zwei Legislaturperioden die Weichen für die „Netto-Null“ stellen. Für ÖVP, Grüne, SPÖ und NEOS müssen auch Lebensstil und Ernährung berücksichtigt werden. Die Befragung erfolgte durch die Klimakampagne Vorarlberg, ein Zusammenschluss von rund 40 Organisationen.
Die globale Erwärmung ist größtenteils menschengemacht und die Pariser Klimaziele sind ein absolutes Muss: Alle Vorarlberger Parteien – von ÖVP bis FPÖ – sind sich darin einig. Mit Ausnahme der FPÖ sind für alle schnellere und effektivere Investitionen in den Klimaschutz erforderlich. Die Basis für ein klimaneutrales Vorarlberg wollen sie in den kommenden ein bis zwei Legislaturperioden legen. Nur die FPÖ erkennt keinen Bedarf für mehr Tempo auf dem Weg zur „Netto-Null“ – was potenzielle Koalitionen erschweren dürfte.
Einig sind sich ÖVP, Grüne, SPÖ und NEOS darin, dass auch die Themen individueller Lebensstil und Ernährung in Klimaschutzstrategien miteinzubeziehen sind. ÖVP und SPÖ wollen den Bio-Anteil steigern. Differenzen gibt es bei Mobilität, Bauwirtschaft und Energie. So üben die NEOS scharfe Kritik am Stadttunnel Feldkirch und der S18. Die Grünen bleiben ihrer Linie treu: „Bodenschutz ist Klimaschutz und beugt Unwetterkatastrophen vor.“ Die Befragung der Landtagsparteien erfolgte durch die Klimakampagne Vorarlberg, einen Zusammenschluss von 40 Organisationen. Die klimapolitische Bestandaufnahme offenbarte auch Widersprüche.
Verantwortung für die Zukunft
„Vorarlbergs Parteien haben die Dimension des Problems fürs Land erkannt und sprechen sich fast geschlossen für mehr und schnelleren Klimaschutz aus. Sie müssen ihren Worten nach der Wahl Taten folgen lassen“, fordert Lisa Vesely, Geschäftsführerin vom Haus am Katzenturm und Mitinitiatorin der Klimakampagne Vorarlberg. Der Klimawandel ist in Vorarlberg angekommen, wie die Überschwemmungen und Murenabgänge des Sommers zeigen.
„Extremwetterereignisse nehmen zu. Die Schäden gehen in die Millionen und die Folgen bedrohen unseren Lebens- und Wirtschaftsraum. Wenn Wohngebiete unter Wasser stehen und Betriebe stillstehen, erleben wir den Klimawandel am eigenen Leib“, pflichtet Christof Drexel, Obmann des Vereins KlimaVOR! bei. Kosten und Nutzen sind laut Drexel klar verteilt. „Zu wenig Klimaschutz können wir uns auf Dauer nicht leisten“, betont er.
Vorbild Vorarlberg? Weit entfernt!
Bis 2050 soll Vorarlberg energieautonom sein. Bis 2030 will das Land die Treibhausgase im Vergleich zu 2005 halbieren, den gesamten Strom und die Hälfte des Endenergiebedarfs aus erneuerbaren Quellen decken. So steht es in der vom Landtag beschlossenen Energieautonomie+ 2030. ÖVP und FPÖ sehen Vorarlberg auf Kurs – alle anderen Parteien fordern weitere Maßnahmen, etwa beim Straßenbau, der Industrieförderung und Raumplanung.
Tatsächlich ist das Land noch weit von den selbst gesteckten Zielen entfernt, wie Martin Strele, Geschäftsführer vom Welthaus Vorarlberg, mit Blick auf den Monitoringbericht des Landes erklärt: „Mit dem bisherigen Tempo schaffen wir das Ziel von minus 50 Prozent Treibhausgase bis 2030 nicht. Ein genauer Blick auf die Daten zeigt, dass heute gegenüber 2005 zwar 20 Prozent weniger emittiert wird. Seit 2014 sind aber kaum noch Verbesserungen zu sehen. Anspruch und Wirklichkeit passen nicht zusammen. Es genügt nicht, uns als Vorbildregion darzustellen. Nur konkrete Handlungen führen zu messbaren Effekten.“
Widersprüche und Überraschungen
Die klimapolitischen Standpunkte brachten Überraschungen und Unstimmigkeiten ans Licht. „Die FPÖ stimmt zu, dass wir die Globale Erwärmung so schnell wie möglich stoppen müssen, sieht aber keinen Handlungsbedarf für die Weichenstellung in den nächsten beiden Legislaturperioden. Dieser Widerspruch dürfte die Koalitionsbildung deutlich erschweren“, bemerkt Drexel. Einen Fortschritt ortet die Klimakampagne Vorarlberg bei der ÖVP. „Echte Klimaneutralität erfordert nicht nur technologische Lösungen, sondern auch Veränderungen im Lebensstil, insbesondere in der Ernährung“, so die Partei. „Damit folgt die ÖVP der Wissenschaft und stellt auch in Aussicht, nachhaltige Ernährung mehr zu fördern“, stellt Drexel fest.
Die NEOS betrachten Verkehr und Transport als größte Baustellen – und fordern spätestens in der nächsten Landtagsperiode weitreichende Entscheidungen. Laut der Partei brauche es weder den Stadttunnel in Feldkirch („fatale Fehlinvestition“) noch die „Scheindebatte“ über die S18. „Diese klare Haltung hat uns überrascht“, berichtet Drexel. Die NEOS plädieren hingegen für den massiven Ausbau des öffentlichen Verkehrs und Investitionen in die Schiene. Die klare Zustimmung der SPÖ zur S18 und zum Stadttunnel ist für die Klimakampagne Vorarlberg mit der Haltung zur Bodenversiegelung unvereinbar. „Die SPÖ betont, dass die Bodenversiegelung gebremst werden muss und spricht sich gleichzeitig für den hochrangigen Straßenbau mit entsprechendem Flächenfraß aus. Das passt für uns nicht zusammen“, sagt Drexel. Die Grünen stellen sich gegen große Straßenprojekte, betonen die soziale Komponente und sehen Klima- und Wirtschaftsschutz als untrennbare Einheit.
Das Team der Klimakampagne Vorarlberg rät vor der richtungsweisenden Landtagswahl am 13. Oktober zum Blick auf die Standpunkte der Parteien. Lisa Vesely ist überzeugt: „Vorarlberg kann den Klimaschutz nicht ausklammern. Die Antworten der Parteien schaffen mit einen kompakten Überblick Orientierung.“
Mehr Details und alle Antworten der Vorarlberger Landtagsparteien: klimawahlen.at
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Klimakampagne Vorarlberg
Die 2024 gegründete Klimakampagne Vorarlberg ist ein Netzwerk von rund 45 Organisationen und Initiativen, das sich für die Transformation zu einer klimaneutralen Gesellschaft einsetzt.
Rückfragehinweis für die Redaktionen:
Klimakampagne Vorarlberg, Christof Drexel, +43/664/2678488, c.drexel@klimavor.at
Pzwei. Pressearbeit, Joshua Köb, +43/664/9682626, joshua.koeb@pzwei.at